Mit der Eröffnung des Salon Précaire wurde ein Ort des künstlerischen und kulturellen Austauschs geschaffen, ein Treffpunkt, ein Ort der Präsentation, der Behauptung und der Widerrede, in dem das Ungeschliffene, Prekäre, Fahrlässige, Freche, Raue, Aufmüpfige, Experimentelle, Grenzgängerische, Ungesicherte, Unerhörte und Unvorhergesehene auf Bestandenes treffen konnte. Anknüpfungspunkte waren die Salons des 19. Jahrhunderts. Als Ausdruck eines zunehmend selbstbewussten bürgerlichen Selbstverständnisses waren sie Orte der Kultur, der gesellschaftlichen und politischen Auseinandersetzung und des Experiments. In den besten Fällen boten sie einen Raum der Offenheit und Losgelöstheit aus den Alltagszwängen, in dem man sich ausgewiesenen Meistern zu Füssen setzen (und ggf. ohnmächtig niedersinken) oder unabgesicherte, neue Werke und Ideen aufnehmen, diskutieren und weiterentwickeln konnte. Es wurde bewundert, geklatscht, geliebt, verachtet, intrigiert und vernetzt, hitzig diskutiert und oft ebenso lustvoll wie geistreich gestritten. Der Salon des Arts in seiner reichsten Form ist die Beschreibung einer Atmosphäre der offenen, aber leidenschaftlichen Auseinandersetzung und Begegnung, tabufrei und lebendig.
Der Salon Précaire war nicht der Ort der Antworten und Wahrheiten, sondern der Ort der Fragen und der Befragungen, der Behauptungen und (temporären) Widerlegungen, der Suche und Auseinandersetzungen. Entsprechend wurde, neben abgesicherten Positionen, Fragiles, Prekäres, Frag-Würdiges präsentiert. Werke aus den vergangenen Jahrhunderten standen neben Zeitgenössischem, bislang vor allem regional Bekanntes neben nationalen und internationalen Positionen. Im Zentrum stand der Kunstgenuss und die Auseinander- setzung mit den präsentierten künstlerischen Positionen und den möglicherweise durch sie aufgeworfenen, über die einzelnen Werke hinausweisenden künstlerischen und gesellschaftlichen Fragen.